Dr. Nina Klaß, CEO next.Media Hamburg im ARIC-Interview

Interview | KI in der Contentbranche

Dr. Nina Klaß ist Leiterin der Standortinitiative nextMedia.Hamburg. nextMedia ist Teil der Hamburg Kreativ Gesellschaft und arbeitet daran, Innovationen im Kontext Content und Tech zu erschließen und Hamburgs Spitzenposition als Medien- und Digitalstandort auszubauen und sichtbar zu machen. Wir haben mit Nina über den aktuellen Wandel in der Contentbranche gesprochen und von ihr viel über KI-Content-Startups und Veränderungen in kreativen Berufen erfahren.

ARIC: Welche Trends und Entwicklungen beobachtet ihr von nextMedia gerade in der Contentbranche?

Die Contentbranche entwickelt sich rasant und das hat Einfluss auf alle Hamburger (Content-)Unternehmen – schließlich sind es nicht nur die Contentproduzent*innen sondern auch die Marketeers in anderen Industrien, die Content für ihr Geschäftsmodelle oder als Vermarktungsmasse benötigen. Klar ist, Inhalte (z.B. News, Serien, Meinungen, Werbung) werden durch KI noch persönlicher – das mag im Sinne des Marketing spannend, für unsere Gesellschaft aber auch eine Gefahr sein, wenn Perspektiven individuell und nicht als Konsens zugeschnitten werden.

Von Bedeutung werden – trotz eines Abflachen des Metaverse-Trends im letzten Jahr – immersiver AR- und VR-Content – vieles davon auch in Kombination mit KI. Außerdem beobachten wir einen Trend, dass etablierte Contentmarken Produkt- und Servicemarken im Commerce-Bereich aufbauen, um ihr Kerngeschäft auch gegen Volatilität zu sichern..

Zudem etabliert sich ein immer stärkerer Einfluss der Creator Economy auf die Contentbranche, speziell im Werbemarkt haben Creator einen enormen Wert bekommen – andersherum werden Creator zu eigenen Marken mit diversem Geschäftsmodell. Wir haben kurz vor Weihnachten 20 Expert*innen aus unserem nextMedia-Netzwerk gefragt, was sie für die größte Entwicklung im neuen Jahr halte, nachlesen kann man die 20 Predictions auf unserer Website.

 

„Gestaltende Berufsgruppen wie z.B. Illustrator:innen oder Synchronsprecher:innen werden in den nächsten Jahren völlig anders arbeiten und eingesetzt werden als zuvor“

 

Wie verändert Künstliche Intelligenz die Branche?

KI beeinflusst die gesamte Kreativbranche aktuell massiv. Von Automatisierungen der Routineaufgaben, zur Contentgenerierung und Verbesserung von individuellen Inhalten für Nutzer:innen bis zur Analyse von Nutzer:innendaten für zielgerichtetere Werbung und Content-Empfehlungen.

Klar ist, gestaltende Berufsgruppen wie z.B. Illustrator:innen oder Synchronsprecher:innen werden in den nächsten Jahren völlig anders arbeiten und eingesetzt werden als zuvor.

Wir haben mal (nicht repräsentativ via Civey) nachgefragt: Über achtzig Prozent der Befragten hatten geringes bis kein Vertrauen in KI-generierte Medieninhalte. Die Umfrage legt nahe, dass es zum Thema KI sowohl mehr Aufklärungs- als auch Regulierungsbedarf gibt. Die KI-basierte Erstellung von Content kann aber Inhalte auch barriereärmer machen: Das Start-up SUMM AI arbeitet z.B. daran, Texte mit KI in Leichte Sprache zu übersetzen oder das Team von Anymate Me konzipiert eine KI, die Texte in Videos erkennt und automatisch mit einem Gebärdensprachen-Avatar versieht.

 

Ist KI deiner Meinung nach mehr Risiko oder mehr Chance für die Medienbranche?

Solange Antworten auf die Auswirkung von offenen Gesellschaften, Regulierung und somit Rahmenbedingungen nicht ausreichend vorhanden sind, ist Vorsicht durchaus angebracht – denken wir nur an die anstehenden Wahlen und die Flut an KI generierten Fakes, die die Gesellschaft in die eine oder andere Richtung zerren wird, mit möglichen dramatischen Folgen für unsere Demokratie.

 

 


Themenfestival Künstliche Intelligenz im Space

Veranstaltungshinweis

Das Themenfestival Künstliche Intelligenz ist ein einwöchiges Festival für die Medien- und Digitalwirtschaft, das von nextMedia.Hamburg ausgerichtet wird. Das ARIC ist Partner. Besucher*innen können in Workshops, Impulsvorträgen, Panels und Sparring Sessions alles Neues erfahren, sich austauschen und voneinander lernen.

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Welche neuen Geschäftsmodelle ergeben sich durch den Einsatz von KI?

Personalisiertere Nachrichtenfeeds können deutlich besser monetarisiert werden. Ein (sogar recht senioriges) Beispiel aus unserem Netzwerk ist das Startup BotTalk: Das Tool wandelt Textinhalte in Audiodateien um, Nachrichtenkonsum wird somit inklusiv.

Wenn KI ähnlich wie das Internet wirkt, dann werden wir bald nicht nur viele neue Effizienz-Tools sehen, sondern auch viele neue spannende Produkte, die erst durch KI möglich werden.

 

Wenn du Medienunternehmen und Gründer:innen einen Ratschlag in Sachen KI geben könntest – wie würde dieser Ratschlag lauten?

KI ist ein spannendes und bald notwendiges Werkzeug, das menschliche Kreativität unterstützt und Effizienz schafft, nicht den Menschen ersetzt. KI kann in diesem Prozess die Aufgabe eines Sparringspartners zum Brainstorming übernehmen oder zeit- und kostenintensive Tätigkeiten, wie personalisierte Textanpassungen übernehmen. Unternehmen sollten darauf achten, ethische und datenschutzrechtliche Aspekte beim Einsatz von KI zu berücksichtigen und sich stets über neue Entwicklungen und Potenziale der KI-Technologie informieren. Es gibt z.B. von der Journalistin und KI-Spezialistin Marie Kilg einen tollen KI-Newsletter, um auf dem Laufenden über aktuelle Entwicklungen zu bleiben. Marie war 2023 Speaker*in auf dem scoopcamp, unserer Konferenz rund um Produkte und Geschäftsmodelle im Journalismus.

 


 

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